Vodka in den Karpaten (März 2003)
Auf den schlechten ukrainer Strassen kamen wir nur langsam voran. Schlaglöcher, die fast die Grösse und Tiefe einer Badewanne haben, soll man besser umfahren. So brach die Nacht über uns ein, als wir noch mitten in den verschneiten Bergen der Karpaten waren. An eine Weiterfahrt war wegen der anstrengenden und gefährlichen Verhältnisse nicht zu denken und der nächste auf der Karte eingezeichnete Ort war unerreichbar fern. Die Berge und die eisige Kälte erschraken uns, trotz ihrer Schönheit, in ihrer mächtigen Wucht.
Ungewiss fuhren wir kurzerhand in ein kleines Bauerndörfchen, eher eine Ansammlung zufällig hingeworfener Häuschen, zwischen tiefen Schneegräben. Zum ersten Mal war der Geländegang unabdingbar und wir schafften es vor eine Holzhütte. Insgeheim hofften wir auf die vielbeschriebene ukrainische Gastfreundschaft, da an eine Übernachtung im Auto wegen der beissenden Kälte nicht wirklich zu denken war. Tatsächlich standen innerhalb weniger Minuten Kinder und Frauen staunend um unsere „old lady“ und redeten lachend ukrainisch auf uns ein. Kurze Zeit später sassen wir in einer sehr einfachen Stube mit zwei Betten, einem Tischchen und einem Ständer voller Pelzmäntel. Ein grosser Haufen Holz wurde gebracht, um den Kachelofen tüchtig damit einzufeuern. Was für eine Freude und grosse Erleichterung!
Dann begann der gesellige Teil des Abends: wir teilten unseren letzten Wein und Kuchen, neugierige Kinder und Nachbarn kamen und gingen, jemand kam ans rumhängende Kabel und das spärliche Licht viel kurz aus, eingemachtes Gemüse aus den Wintervorräten wurde aufgetragen und vor allem der obligatorische Schnaps getrunken.....
Immer wieder wurde Schnaps und Wein nachgeschenkt, beides wurde nach russischer Art, in einem Zug, geleert und schnell wird ein Stück Brot oder gebratener Speck nachgeschoben. Mit Fotografieren und Fotoalbum zeigen versuchten wir der Trinkpflicht irgendwie zu entkommen.
War das Gemüse schlecht, war es der fettige Speck oder die stickige Hitze in dem kleinen Raum, die uns die ganze Nacht leiden liessen? Wir müssen wohl zugeben, dass es doch eindeutig zu viel Alkohol war. Mit der Erinnerung an einen gemütlichen Abend, einer Trinkerkenntnis mehr und leeren Mägen verabschiedeten wir uns in aller Früh. Wir haben dieses Dörfchen fest im GPS und unseren Herzen gespeichert.
Dies war die erste Nacht im Reich des Vodkas, es werden noch andere folgen. Aber dies ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.