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Wer bremst verliert...

oder mit dem Auto durch Istanbul (April 2003)

Eigentlich wollte ich es vermeiden, mit unserem ungelenkigen, sperrigen Vehikel ins Zentrum einer Millionenstadt wie Istanbul zu fahren. Doch legte unser Frachter, mit dem wir von der Krim übers Schwarze Meer verschifften, am Bosporushafen "Karaköy" an. Wer Istanbul kennt, weiss, dass wir uns somit Mitten im Herzen dieser Grossmetropole befanden. Bereits beim Verlassen des Hafenareals musste der Zöllner lachen, als er erfuhr, dass wir von Istanbul keine Ahnung hatten, aber uns mit dem Auto Wer bremst verliert...ins Gewimmel stürzen wollten. Tatsächlich verfuhren wir uns dann auch vor seinen Augen auf dem unübersichtlichen Zollareal und fanden das Tor der Ausfahrt erst beim zweiten Versuch.

Natürlich gibt es hier auch offizielle Verkehrsregeln, doch hat sich auf der Strasse eine Gewohnheitsrecht etabliert, das nirgendwo geschrieben steht und dessen Spielregeln nur der versteht, der sich in das Gewühl stürzt. Durch meine Erlebnisse auf den Istanbuler Strassen erlangte ich zu folgender Erkenntnis:

Ausgehend von den Bedienungselementen eines Kraftfahrzeugs bieten sich dem Mitspieler verschiedene Aktionsmöglichkeiten zum Handeln: Gasgeben, Bremsen, Lenken, Blinken und last but not least Hupen. Daraus lassen sich die meisten Regeln ableiten. Die wichtigste lautet: "Wer bremst, verliert... den Schwung, die Vorfahrt, den Parkplatz oder den Respekt des anderen". Der langsamere LKW wird immer breiter und lenkt zur Strassenmitte, sobald wir hinter ihm zum Überholmanöver ansetzen. Womit wir schon bei der zweiten "Verkehrsregel" wären: "Vertraue nie darauf, dass der Stärkere seine Position ohne Gegenwehr aufgibt". Auch gelten für den Umgang mit Blinkern und Licht eigene Regeln. Blinker werden zwar gesetzt; jedoch mehr oder weniger dem Zufall überlassen. Beginnt es dunkel zu werden, fährt man so lange ohne Licht, bis es mit der Sicht ein wenig schwierig wird. Danach schaltet man gleich das Fernlicht ein. Bei Gegenverkehr sind dann folgende Bedienungsschritte nicht untypisch: Zuerst einmal abblenden, wie es sich gehört, dann Lichthupen, schliesslich Standlicht, um dann wieder mit Fernlicht den Himmel auszuleuchten. Hier gibt es aber auch noch andere Varianten.

Im Gegensatz dazu ist das Verhältnis zu Fussgängern ganz eindeutig: um sie brauche ich mir keine Sorge zu machen, weil Fussgänger ja als die schwächsten Verkehrsteilnehmer im eigenen Interesse auf sich selber aufpassen. Wenn wir ahnungslose Touristen mit unserem Auto anhalten, um einen Fussgänger die Strasse überqueren zu lassen, werden mit dieser Geste nicht so recht verstanden.

Zum Schluss kommen wir zu dem Herzstück eines jeden auf türkischen Strassen rollenden Gefährts, der Hupe und ihrem Gebrauch. Es gibt kaum eine Situation in Strassenverkehr, in der sie sich nach allgemeiner Überzeugung nicht sinnvoll einsetzten liesse. Steht man im Stau, ist die Ampel auf Rot, springt der Wagen nicht an, möchte man überholen, überholt man gerade, hat man gerade überholt, wurde man gerade überholt und und und...-Hupen hilft immer und gehört dazu.

Spannend wäre es noch, auf die Verkehrspolizisten einzugehen, welche in den hoffnungslos verstopften Strassen versuchen durch autoritäres Pfeifen den Stau wegzuzaubern und denen niemand wirklich Beachtung schenkt. Doch das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.